Was ist Zwangsprostitution?


Sexuelle Ausbeutung bzw. Zwangsprostitution zählt zu den bekanntesten Formen des Menschenhandels. Betroffene werden gegen ihren Willen zur Prostitution gezwungen.
Das StGB definiert u.a. folgende Straftatbestände:
§ 232 StGB - Menschenhandel
§ 232a StGB – Zwangsprostitution
§ 233a StGB - Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung
§ 180a StGB - Ausbeutung der Prostitution

 

 

Was umfasst Zwangsprostitution?


Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsprostitution bedeutet, dass die Zwangslage oder Hilflosigkeit einer Person ausgenutzt wird, um sie dazu zu bringen, in der Prostitution zu arbeiten oder andere sexuelle Dienstleistungen, durch die sie ausgebeutet wird, anzubieten. Die Betroffenen sind in ihrer Handlungsfreiheit so weit eingeschränkt, dass sie keine freien Entscheidungen bezüglich der Tätigkeit mehr treffen können. Sie werden nicht oder nicht angemessen entlohnt und/oder müssen unter extrem schlechten Bedingungen arbeiten.*

*KOK (2017): Menschenhandel – Sexuelle Ausbeutung

Von Zwangsprostitution in Deutschland sind am häufigsten Frauen betroffen, in geringerem Ausmaß auch Männer, Transpersonen und Kinder. Die Täter*innen sind überwiegend männlich und stammen häufig aus großen Netzwerken der organisierten Kriminalität. Gleichzeitig gibt es Fälle, in denen die Täter*innen dem sozialen oder familiären Umfeld der Betroffenen angehören.

Betroffene werden häufig durch Täuschung zur Prostitutionsausübung gebracht. Angeworben über Zeitungsinserate, Bekannte oder Agenturen, werden die Betroffenen über die Art der Tätigkeit getäuscht.* Sie glauben zunächst, dass sie andere Berufe ausüben werden.

Darüber hinaus kommt es vor, dass die Betroffenen sich freiwillig für die Prostitutionsausübung entscheiden, dann aber mit Arbeitsbedingungen konfrontiert sind, denen sie vorher nicht zugestimmt haben und in denen sie gezwungen werden, zu verbleiben. Beispielsweise durch hohe fiktive Schuldenbeträge für Einreise, Passbeschaffung etc. werden vor allem migrantische Betroffene in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt und müssen einen Großteil des erwirtschafteten Verdienstes an die Täter*innen abführen.*

Merkmale von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, Zwangsprostitution und Ausbeutung können unter anderem sein*:

  • Entwendung der Ausweispapiere oder Ausstattung mit falschen Papieren
  • gefügig machen durch sexualisierte und körperliche Gewalttaten oder durch Verabreichung von Alkohol, Drogen und Medikamenten
  • Ausübung von Druck auf die Betroffenen, z.B. durch Vortäuschung guter Verbindungen zur Polizei oder durch Videoaufnahmen oder Fotos
  • ständige Überwachung
  • unzumutbare Unterkünfte
  • Drohungen, die Familie über die Arbeit in der Prostitution zu informieren oder Gewaltandrohungen gegen die Betroffene oder deren Angehörige
  • Abgabe aller/des größten Teils der Einnahmen
  • Schuldknechtschaft (Abarbeitung von tatsächlichen oder angeblich entstandenen Schulden)


In manchen Fällen werden Mädchen und junge Frauen durch die sogenannte „Loverboy-Methode“ instrumentalisiert. Die männlichen Täter täuschen den Betroffenen hierbei eine Liebesbeziehung vor, um sie anschließend über eine emotionale Abhängigkeit in die Prostitution zu drängen und auszubeuten.

*KOK (2017): Menschenhandel – Sexuelle Ausbeutung

Betroffene von Menschenhandel leiden oft massiv unter den Folgen der Gewalt- und Ausbeutungserfahrung. Viele sind traumatisiert und benötigen medizinische und therapeutische Versorgung. Auch die Vorbereitung auf ein mögliches strafrechtliches Verfahren und die Unterstützung bei einer legalen Aufenthalts- und Arbeitsmöglichkeit machen eine qualifizierte Beratung und intensive Begleitung notwendig.

Betroffene in M-V finden Unterstützung durch die landesweite Fachberatungsstelle ZORA. Daneben sind die Frauenhäuser in M-V für von Zwangsprostitution betroffene Frauen offen. Mehrsprachige telefonische Beratung bietet auch das „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen“ unter: 08000 – 116 016 (kostenfrei und anonym).

 

 

Fakten vs. Mythen

 

„Sind Sexarbeit und Zwangsprostitution das Gleiche?“
Nein. Als Sexarbeit wird die freiwillige und legale berufliche Tätigkeit im Bereich sexueller Dienstleistungen verstanden. Das Selbstbestimmungsrecht von Sexarbeiter*innen ist zu respektieren. Im Gegensatz dazu steht die Zwangsprostitution, die ausbeuterischen Charakter hat und von den Betroffenen gegen ihren Willen unter Täuschung, Zwang und Gewalt ausgeübt wird. Zwangsprostitution ist eine Menschenrechtsverletzung und Straftat.

„Sexuelle Ausbeutung kommt nur bei Migrant*innen vor.“
Entgegen einer weitverbreiteten Annahme sind nicht nur Migrant*innen, die nach Deutschland kommen, von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung betroffen, sondern auch hier lebende Personen. Der rechtlichen Definition zufolge muss bei Menschenhandel zudem kein Grenzübertritt erfolgen.* Von Zwangsprostitution sind auch Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit betroffen.
*KOK (2017): Menschenhandel – Sexuelle Ausbeutung

 


Material für Betroffene/Interessierte


Menschenhandel – Sexuelle Ausbeutung
KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V, 3. aktual. Aufl. 2017

Menschenhandel in Deutschland – Rechte und Schutz für Betroffene
KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V (Hrsg.), 2020