02.10.2020

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) erklärt, wie Bund, Länder und die politischen Parteien Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt schützen können.

 

In dem im September 2020 veröffentlichten Positionspapier erklärt der UBSKM, Johannes-Wilhelm Rörig, dass sexualisierte Gewalt keine Ausnahmeerscheinung, sondern Alltag für tausende Kinder und Jugendliche in Deutschland ist. Mehr als 13.000 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch wurden den Ermittlungsbehörden 2019 gemeldet, das sind mehr als 35 Missbrauchsfälle pro Tag. Diese Fallzahlen gehen seit Jahren nicht zurück. Bei Kinderpornografie ist die Zahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr sogar um 65 Prozent gestiegen.

Auch das Dunkelfeld sexualisierter Gewalt ist enorm. Nur wenige Missbrauchsfälle werden bekannt und die meisten Taten weder aufgedeckt noch angezeigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht für Deutschland von einer Million Kinder und Jugendlicher aus, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind oder waren. Das sind ein bis zwei Schüler*innen in jeder Schulklasse.

Gerade deshalb ist es auch eine gesamtgesellschaftliche und gesamtstaatliche Aufgabe und Verantwortung, Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen, die eine an den Kinderrechten orientierte Grundhaltung erfordere:

"Wenn wir diese Aufgabe ernst nehmen und Kinder und Jugendliche wirklich besser vor sexueller Gewalt schützen wollen, müssen ALLE den Kampf gegen sexuellen Missbrauch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und aktiv führen. Viele Betroffene leiden ihr Leben lang unter den Folgen der traumatisierenden Erlebnisse, die sie als Minderjährige erfahren mussten: psychische Belastungen, Destabilisierung sozialer Beziehungen, wirtschaftliche Probleme und vieles mehr.


Deshalb müssen wir gemeinsam, und trotz der neuen Herausforderungen durch die Corona-Krise, das Netz aus Prävention, Intervention und Hilfen für Kinder, Jugendliche und erwachsene Betroffene dringend weiter ausbauen und dauerhaft stärken. Das muss als vorrangige nationale Daueraufgabe von allen anerkannt und wahrgenommen werden: von Bund, Ländern, Kommunen, von den politischen Parteien, von der Zivilgesellschaft – etwa den Kirchen, der Wohlfahrtspflege, dem organisierten Sport – und nicht zuletzt auch von der Internetwirtschaft, der gesamten Medienlandschaft und der Bevölkerung. Nur gemeinsam können wir dem Ausmaß sexueller Gewalt begegnen, nur gemeinsam die Fallzahlen maximal und stetig verringern."

 

Im Positionspapier werden verschiedene unterstützenswerte Empfehlungen ausgesprochen, die sich an die Bundespolitik, Landespolitik und an die politischen Parteien richten. Sie finden die vollständige Veröffentlichung des UBSKM unten zum kostenfreien Download.